Haushaltsrede Fraktion Bündnis 90 die Grünen 2023

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Bürgerinnen und Bürger, sehr geehrte Verwaltung und hochgeschätzte Verwaltungsmitarbeitende, sehr geehrte Presse, liebe politische Ehrenamtler*innen,

Hinter uns liegt ein Jahr voller Berg- und Talfahrten, begonnen hatten wir das Haushalts- und politische Jahr 2022 voller Hoffnung auf Zusammenarbeit und eine zukunftsorientierte Politik, vor allem mit den Schwerpunkten KITA-Ausbau, Mobilität und Klima. Zum ersten Mal nach vielen Jahren, hatten wir, B90, dem Haushalt 2022 zugestimmt, in der Hoffnung wichtige Weichen miteinander gestellt zu haben. 

Geendet ist das Jahr mit der bitteren Erkenntnis, dass nachhaltige Klimapolitik in Lünen eine Worthülse ist und oft – wo sie angestrebt wird - am Ende mehrheitlich abgelehnt wird. Auf der anderen Seite wurden große Kosten im letzten Jahr schnell noch durchgewunken, trotz warnender Worte unserer vorangegangenen Kämmerin. 

Getarnt als großer Coup mit der Begründung an richtiger Stelle zu entlasten um zu stärken. 

Die Mehrkosten für ein neues Dezernat wurden dann konsequent klein gerechnet und fix unter dem Deckmantel von eiligen Beschlüssen mehrheitlich verabschiedet

Mit dem Ergebnis, dass die nächsten Jahre der Haushalt mit dem Wort desaströs nicht ausreichend beschrieben gilt. 

Das neue Dezernat ist demnach kein Ergebnis einer rationalen Abwägung, sondern bloßen Politklüngels, legitimiert durch das Auslegen von dem Mehrheitsverständnis „Demokratie ist eine Stimme mehr“. 

Wir haben uns den diesjährigen Haushalt unter den Aspekten Ressourcenschutz und -verschwendung angeschaut.  

Lassen Sie uns daher einmal die mehrheitlich durch die Ausrufung des Klimanotstands bestehenden Prioritäten Klimaanpassung, Klimaschutzkonzept und Klimapolitik in dieser Stadt beleuchten. Wohlwissend, dass zu dem Beschluss Klimanotstand, die meisten Fraktionen und auch einige höhere Verwaltungsmitglieder vor allem außer Hörweite der Öffentlichkeit nicht müde werden zu betonen, dass dieser Beschluss nur mehrheitlich getroffen wurde, weil es einen öffentlichen Druck gab und er daher ja eigentlich nicht wirklich gilt. - Aha! 

Ein aktuelles Beispiel ist unser Haushaltsantrag zur Beantragung von Fördergeldern für die Erstellung eines kommunalen Wärmeplans.  

Auf Bundesebene soll noch in diesem Jahr ein Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung auf den Weg gebracht werden, mit dem der Bund die Länder im Rahmen eines Gesetzes für die kommunale Wärmeplanung verpflichtet, eine Wärmeplanung durchführen zu lassen. Die Wärmeversorgung über Netze ist einer der großen kommunalen Hebel für eine erfolgreiche Wärmewende. 

Wärmenetze bieten eine effiziente und kostengünstige Möglichkeit, um die Wärmewende in Siedlungen oder ganzen Stadtvierteln umsetzen zu können. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht darauf, einen Ausblick auf einen nachhaltigen Energiewandel und eine Perspektive für anstehende kostspielige Sanierungen zu erhalten. 

Frühzeitig damit zu beginnen, bedeutet nicht nur Planungssicherheit für die Bürger*innen unserer Stadt, sondern auch eine deutliche Kostenersparnis. 

Derzeit liegt die Förderhöhe für einen kommunalen Wärmeplan bei 90-100 %, ab Januar 2024 werden es nur noch 60 % sein. 

Außer von dem Neu-Eingesetzten Dezernenten für Klima und innovative Stadt Lünen scheint das wieder einmal die mehrheitsgesinnte Politik aus einer Stimme mehr, nicht zu interessieren. Nun wird der Antrag lediglich im UKM beraten und ist nicht im HH 2023 festgeschrieben. Eine verpasste Chance für Lünen, sowohl finanziell als auch klimapolitisch. 

Das bringt uns zu einem weiteren Blick auf das Klimaschutzkonzept und dessen Realisierung. 

Laut einer Präsentation der Klimaschutzmanagerin aus dem September 2022 sind 2021 und 22 nur 4 Maßnahmen realisiert und erfolgreich abgeschlossen worden. Weitere 10 wurden begonnen. Die Klimaschutzmanagerin konnte sie aufgrund mangelnder Personalressourcen nicht im geplanten Umfang umsetzen und damit konnten veranlagte und geförderte Mittel nicht voll ausgeschöpft werden. Diese geförderten und nicht voll ausgeschöpften Mittel werden nun munter für andere Themen genutzt, die auch irgendwie mit Klima zu tun haben, aber nicht mehr für das Klimaschutzkonzept zur Verfügung stehen. 

Mithilfe von 4 neuen Stellen sollte im letzten Jahr die Klimaschutzmanagerin unterstützt werden. Diese Stellen wurden leider bisher nicht besetzt, weil es von der Kämmerei zur Mitte des Jahres 2022 aufgrund von Einsparungen einen Einstellungsstopp gab. 

Zur Besetzung des neuen Dezernates wurde dies vom Bürgermeister zum Ende letzten Jahres wieder aufgehoben. Von den 4 beschlossenen Stellen sind endlich 2 ab dem 01.04.2023 und die anderen beiden werden hoffentlich demnächst intern besetzt – Ein Hoffnungsschimmer für das Klima in Lünen? 

Die Maßnahme 3- klimafreundliche Leitlinien in der Bauleitplanung – ist unser Erachtens zwar in das Bauleitverfahren für Lünen Süd konkret eingeflossen, aber ein Leitlinienkonzept, das ein Grundgerüst für alle Bauleitplanungen festsetzt, gibt es nicht. Hier fordern wir die Verwaltung auf, einen Vorschlag zu erarbeiten und in den entsprechenden Ausschüssen zu beraten. Diese Maßnahme – Überraschung! - sollte eigentlich auch bereits im Jahr 2022 abgeschlossen sein.

Politisch ist das Verständnis für Klimawandelanpassung immer dann passend, wenn ein- zwei Bäume für eine Radstation in Brambauer geplant werden sollen. 

Doch zum Wohle von mehr Parkplätzen werden Bäume einfach wegrationalisiert. Ganz egal, ob sie für eine Verschattung, bessere Luftqualität oder generell verbessertes Mikroklima sorgen.

Bäume haben in dieser Stadt sowieso eher einen minderwertigen Stand, die jedem anderen Interesse oder wechselnden Prioritäten der hiesigen Verwaltung und Politik weichen müssen. In Summe sind daher in der letzten Fäll-Periode städtisch über 84 Tsd. Quadratmeter Bäume gefallen, Meine Damen und Herren, das sind 12 Fußballfelder. Nachgepflanzt werden städtisch jährlich 300 Bäume und die Ausgleichsmaßnahmen für alle städtisch gefällten Bäume werden in den nächsten Jahren für einen Wald in Lünen Süd sorgen. Ein Grund zum Jubeln gleichzeitig - denn es passiert immerhin auf Lüner Stadtgebiet, denn eigentlich gibt es keine Ausgleichsflächen mehr. 

Das die 84 Tsd Quadratmeter nun innerhalb des Stadtgebietes ausgeglichen werden, liegt nur daran, dass das im letzten Jahr noch zuständige Dezernat eine große Kraftanstrengung an den Tag gelegt hat und dass dank der Entscheidung im Ausschuss für Stadtentwicklung keine Ökopunkte als Ausgleich dafür zu kaufen. 

Ändert nichts daran, dass diese Bäume erst einmal noch dem Klimawandel standhalten und ansatzweise zu dem Punkt kommen müssen, ihre Co2 Reinigende Wirkung zu den bis dahin vor einiger Zeit gefällten Bäumen zu entfalten. 

Genau genommen nehmen Bäume übrigens gar kein CO2 auf. Sie verwenden nur den Kohlenstoff, also das C des Kohlenstoffdioxids (CO2) und geben den Sauerstoff (O2) wieder ab. Bäume wandeln also das klimaschädliche CO2 in Atemluft für Mensch und Tier.

Dementsprechend kommen wir auch zu unserem Co2-Konto der Stadt Lünen. Die Internalisierung dieser externen Kosten finden im Haushalt gar nicht statt. Warum? Weil Luftqualität, Hitzeentwicklungen und Bodenaustrocknung keinen echten Preis in Euro haben. 

Herr Dr. Grunenberg hat noch bei der Verleihung des Ehrenamtspreises im Januar erläutert, dass das Co2 Budget Lünens, in 4 Jahren aufgebraucht ist. Die Folge:  Schlechte Luft und Wärmeentwicklung für unsere Bevölkerung. 

Das zeigt uns deutlich, dass unser Handeln auf städtischem Gebiet sehr wohl zum Klimawandel beiträgt.

Wir tragen die Verantwortung, alles in unsere Macht Stehende zu tun, Klimaerwärmung einzudämmen, um globale Wirkung zu entfalten und zukünftigen Generationen eine Zukunft zu bieten. Da ist es vorerst egal, wieviel Kohlekraftwerke der Chinese baut, wenn wir nicht selbst anfangen, ein Vorbild zu sein. Klimaerwärmung durch uns regional produziert globale Auswirkungen.

Umso wichtiger hier auch der gemeinsame Antrag verschiedener Parteien zum Grundsatzbeschluss des Photovoltaikausbaus, 

Oh ja, bis Mitte des Jahres 2022 konnten die Parteien interfraktionell noch gut zusammen arbeiten.

Gleichzeitig werden Ausgleichsflächen für Aufforstung auf Lüner Stadtgebiet gebraucht, und Freiflächen sollten bestmöglich geschützt werden. Freiflächen für das Stadtklima schützen wir bisher so gut wie gar nicht, was gerade zwei Grüne zum Abwägungsprozess geführt hat, zunächst die Freiräume nicht anzutasten und  nach der gesetzlichen Neuregelung, die einen 200 m breiten Korridor entlang von Autobahnen und Bahnschienen für den Bau von Solaranlagen freigegeben hat,  zuerst zu nutzen. 

Doch solange weiterhin mehr grüner Strom gebraucht wird, ist es auch notwendig, dass große Agrikulturphotovoltaikflächen in Lünen entwickelt werden. 

Um weitere Internalisierung externer Kosten, die wir auch noch, aber vor allem die zukünftige Generation anhand mit ihrer Lebensqualität zahlen werden, zu betrachten, sind konsequente Umsetzungen im Bereich Versiegelung von Flächen notwendig. 

Genauso wie wir neue Gewerbegebiete und Wohngebiete entwickeln und Flächen versiegeln, muss eine konsequente Innenverdichtung und Flächenpotentialnutzung bereits existierender Flächen erfolgen und nicht weiterhin die Versiegelung von Ackerflächen im Vordergrund stehen. 

Die sogenannte Netto-Null-Versiegelungsstrategie verfolgt, dass genau solche Potentiale stringent ausgemacht und das was versiegelt wird an anderer Stelle wieder entsiegelt wird. Auch diese Strategie können wir nicht feststellen: Argument? Kein Personal, keine Ressourcen!  

Die Maßnahme 2 + 4 betreffen Gebäudeleitlinien im Bereich Klimafreundliche Bau-, Sanierungs-, Energie- und Wärmestandards für Lünens städtische Liegenschaften. Im Betriebsausschuss ZGL ist gerade von der Verwaltung vorgeschlagen worden, die abgebrannte Turnhalle der Viktoria Schule zu sanieren und nicht neu zu bauen. 

Das wäre im Bereich der grauen Energie für das Klima ein super Fortschritt, ebenso für die Stadt Lünen, die damit endlich die Internalisierung externer Kosten im Rahmen des Energieverbrauchs für neue Baustoffe und Neubauten zu beachten scheint. Zur Abschätzung: Beim (Wohn-)Bau im KfW55-Standart entsprechen 50 Jahre Energieverbrauch der Nutzung – ungefähr der grauen Energie, die für den Neubau aufgewendet wird. 

In der ZGL-Sitzung wurde trotzdem über einen Neubau nachgedacht und doch noch eine „wirtschaftliche“ Gegenüberstellung beauftragt. Klima und Ressourcenschutz ist noch lange nicht angekommen!

Bleibt zu hoffen, dass die Betrachtung von Lebenszyklusanalysen die Aufnahme in die überfälligen Gebäude-Leitlinien schafft. 

Als nächstes möchten wir uns noch einmal kurz den traurigen Bereich Mobilität anschauen. Maßnahme 36 des Klimaschutzkonzeptes fordert die Integration von Klimaschutzansätzen im Mobilitätskonzept. Im letzten Jahr gab es einen Sonderausschuss Mobilität, bei dem wir eindrucksvoll von Experten gehört haben, dass der motorisierte Individualverkehr sich reduzieren muss und Anreize dafür geschaffen werden müssen. 

Die Reaktionen? Wut, Hohn und Spott, alles Nonsens, Menschen im ÖPNV sind verseucht und stinken, sowie eine Ode an das Auto und die 70er Jahre. 

Den Radverkehr – einzige Ausnahme: Radstationen -  zu stärken, haben wir nicht wahrnehmen können entsprechende Vorschläge landeten in der Schublade. 

Geld für die Konzepte RadPlus bspw. wurde ausgegeben, eine Umsetzung fand nur marginal statt. Im diesjährigen Haushalt lässt sich die Förderung des Radverkehrs kaum finden ganz zu schweigen von Anreizen in Bezug auf einen nachhaltigen Verkehrswandel, da beispielsweise der Ausbau von Pendlerstrecken gar nicht erwähnt wird und das Hauptaugenmerk auf der Beschilderung und der touristischen Infrastruktur liegt. 

Ein weiteres Desaster: Die Machbarkeitsstudie zur Kurt-Schumacher-Str, die vorschlägt, die Kulturinsel mit der Innenstadt zu verbinden. 

Entweder mittels eines Fußgängerüberweges oder einer Lichtzeichenanlage und einem verbundenen Linksabbieger, das das Umfahren des Theaterparkplatzes reduzieren würde. 

Warum sowas abgelehnt wird? Nun ja, der Autofahrer könnte in den Stau auf der einzig frei befahrbaren Straße geraten, links abbiegen kann der Lüner nicht und ein roter Teppich mit Fußgängerüberweg ist sowieso eine Schnapsidee, da Stau und so. Eine Frage am Rande: Wer steht in Lünen denn nicht im Stau?

 Der Beschluss zum Mobilitätskonzept in diesem Jahr wird unsererseits mit Grauen erwartet, denn es fehlt ja das Geld und ja vor allem auch - der Wille. 

Wofür Konzepte in Auftrag geben, Geld ausgeben, wenn sie nicht umgesetzt werden sollen und die Mehrheitspolitik es eh besser weiß als jeder studierte Experte?

Unser Vorschlag der Radförderkonzepte für Servicestationen, als Zeichen, dass Radfahrer willkommen sind, ist inzwischen in Vergessenheit geraten, weil er unbedingt durch E-Lademöglichkeiten für EBike Fahrer verteuert und verkompliziert werden musste. Förderprogramme für Lastenräder werden falsch ausgeschrieben und kaum beworben. 

Was heißt nun dieser Rückblick? 

Die derzeitigen Krisen retten gerade noch unseren Haushalt, aber um eine Krise im Bereich Klima noch abzuwenden, gibt es kaum Mittel und auch zu wenig  Mitarbeitende in der Verwaltung. 

Mittel müssten konsequent besser eingesetzt werden, Baukosten müssten besser geplant, Klimaauswirkungen müssten konsequenter mitgedacht werden. 

Klimaanpassung und Klimaschutzmaßnahmen dürfen nicht als Prüfaufträge konkrete Initiativen verwässern. 

Sie müssen zukunftsorientiert heute geschehen und real umgesetzt werden- daher fordern wir, hier nicht den Rotstift anzusetzen, sondern diese Priorität durch intelligente Nutzung von Fördermitteln kostengünstig konsequent mitzudenken und umzusetzen. 

Auch wenn es Hoffnungsschimmer in der Zusammenarbeit mit der Verwaltung am Horizont gibt, zeigt das obige Resümee wenig Anlass zur Haushaltsunterstützung; aber gerne lassen wir uns in 23 überzeugen, dass der Wind sich für echten Klimaschutz dreht. 

Einem Haushalt 2023, der für die wichtigen Zukunftsthemen, Bauen, Mobilität und Klima zwar neue Ressourcen schafft, aber für eine bedarfsgerechte Realisierung weiter die personellen Ressourcen fehlen, können wir in der Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen, nicht zustimmen.

 

 

 

 

 



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